Gewohnheiten: Die Säulen des Burnout 

Menschen geraten hauptsächlich aufgrund einer Sache in einen Burnout: Destruktive Gewohnheiten!

In diesem Artikel beschreiben wir, warum wie Gewohnheiten (Muster) so unbedingt brauchen und warum sie eigentlich etwas Gutes für uns sind. Wir stellen außerdem dar, wie es passieren kann, dass wir uns schädliche Gewohnheiten zulegen, die dann zum Burnout führen können.

1. Erfahrungen werden zu Gewohnheiten

Neugeborene kommen mit einem erstaunlich unfertigen Gehirn zur Welt. Sie sind ohne Fürsorge von Erwachsenen nicht überlebensfähig. Bis ein Mensch erwachsen ist, nimmt das Gewicht des Gehirns um das Vierfache zu. Entscheidender ist aber die neuronale Entwicklung. Die Formung des Gehirns hängt - im Vergleich zu anderen Säugetieren - entscheidend von Umwelteinflüssen ab.

Während das Gehirn biologisch weiter reift, wird diese Reifung durch soziale Interaktion wesentlich vorangetrieben. Pro Sekunde entstehen bis zum sechsten Lebensjahr ca. 30.000 Synapsen pro Quadratzentimeter der Gehirnoberfläche. Diese Fülle an Verschaltungen im Gehirn weist auf das riesige Entwicklungspotential des menschlichen Gehirns hin. Kein anderes Lebewesen besitzt eine solche Fülle und lebenslange Veränderbarkeit des Gehirns wie der Mensch.

Gewohnheiten

Aus der Gehirnforschung wissen wir, “dass nur jene Synapsen erhalten bleiben, die Teil bestimmter Verschaltungsmuster geworden sind” (Hans J. Markowitsch, Harald Welzer). 

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das: Unsere Erfahrungen werden zu Gewohnheiten. Wenn zu diesen Gewohnheiten energieverschwendende Gewohnheiten gehören, dann ist ein erstes Leck entstanden.

Eine Besonderheit der Kindheit (und auch später in diesem Umfang nicht mehr wiederholbar) ist der Umstand, dass eine riesige Zahl von Sinneseindrücken zum 1. Mal wahrgenommen werden. Sie sind neu, in einem Sinne, wie wir dies später nie wieder erleben werden.

Für jeden dieser neuen Sinneseindrücke wird ein Muster abgespeichert. Unser Gehirn ist, um ein Bild aufzugreifen, ein riesiger Musterkatalog. Je älter wir werden, desto weniger neue Muster kommen hinzu. Wenn wir als Erwachsene etwas “Neues” aufnehmen, wird es meistens der Sortierung “ähnlich wie” zugeordnet und ist in diesem Sinne nicht mehr wirklich vollumfänglich neu.

Diesem kindlichen Erleben von Neuem trauern wir als Erwachsene oft nach. Wie gerne würden wir Weihnachten noch einmal so spannungsgeladen und neugierig erleben wie als Kind. Wie gespannt schauen wir zu, wenn ein Kleinkind etwas Neues völlig hingebungsvoll erforscht.

Wir, Bernd und Steffen, wünschten, alle Erwachsenen würden wieder etwas mehr Zugang zu dieser Freude bekommen, die sie als Kind hatten, als sie zum Beispiel ein neues Spielzeug bekamen. Wie sie mit Begeisterung eine Spielwelt erschufen und selbstvergessen darin aufgegangen sind. Wir glauben, dass das Tor zu dieser Art von Bewusstheit durch Neugier und Wissbegier durchschritten werden kann. Ein spannender Teil davon ist der Blick darauf, “wie wir geworden sind”. Den Blick darauf zu richten, was uns wie in unserer Kindheit geprägt hat, und diese Prägungen eventuell neu zu verschalten.

Neugier und Schaffenskraft sind ein Elixier des Lebens! Wieder mehr zurückzufinden in die Fähigkeit, sich für Dinge begeistern und sich über etwas wundern zu können. Das kann ein sehr attraktives Motiv sein: Das vorurteilslose Kindheitserleben wieder stärker an sich heranzulassen. Das ist auch als Erwachsener wieder erlernbar.

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2. Gewohnheiten bei Burnout: Täglich grüßt das Muster

Wenn wir von Mustern sprechen, dann meinen wir damit Wahrnehmungs-, Denk-, Fühl- und Verhaltensmuster. Sie sind eine Art Vorlage, mit deren Hilfe wir unsere Umwelt schneller erfassen können. Sie sind sehr sinnvoll. Stell Dir vor, Du müsstest bei jedem Duschgang in Hotels oder fremden Häusern die Wasserarmatur aufs Neue untersuchen, um das Wasser in Gang zu setzen. Die Musterbildung im Gehirn hilft Dir, das eigentlich fremde Ding an der Wand als Armatur zu erkennen, und spielt die abgespeicherte Bedienungsvorlage ein. Du weißt automatisch, wie die Vorrichtung zu benutzen ist. Manchmal muss man ein bisschen suchen, aber im Normalfall kann man duschen.

Muster entstehen durch häufigen Gebrauch. Sinneseindrücke, die sich wiederholen, werden zu neuronalen Verschaltungen. Quasi eine Datenautobahn hin zum Ablageplatz im Gehirn.

Muster entstehen durch häufigen Gebrauch. Sinneseindrücke, die sich wiederholen, werden zu neuronalen Verschaltungen. Quasi eine Datenautobahn hin zum Ablageplatz im Gehirn. 

Das intensivste Wahrnehmungsmuster, das wir Menschen haben, ist das Gesicht. Danach suchen wir als Erstes, wenn wir nicht recht erkennen können, was es da zu sehen gibt.

Punkt, Punkt, Komma, Strich,
fertig ist das Mondgesicht.

Vermutlich ist diese intensive Prägung schon beim Säugen oder Füttern in den ersten Kindheitstagen entstanden. Im Angesicht der Person, die uns etwas Gutes zukommen lässt, saugen wir die Welt in uns auf. Da reichen schon 2 Augen, um den Rest unserer Wahrnehmung derart zu “versklaven”, dass wir andere Details in unser Bild hineinzwingen.

Diesen Mechanismus, dass Elemente unserer Wahrnehmung versklavt werden, finden wir sehr häufig. Das liegt an einem ökonomischen Prinzip, Wahrnehmung so weit zu vereinfachen, dass wir ohne hohen Energieaufwand schnell reagieren können. 

Energie einzusparen, wo immer es möglich war, hat den Fortbestand unserer Spezies gesichert.

Dieses Energiespar-Prinzip ist mitverantwortlich für unsere Trägheit beim Wunsch oder dem Druck, etwas zu verändern: Einerseits ökonomisch, andererseits hinderlich. Eine bestimmte Art zu denken, auf eine spezielle Art zu fühlen oder spezifisch zu handeln, hat sich eingeschliffen.

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3. Aus Wiederholungen werden Gewohnheiten

“Es scheint wohl weitestgehend wahr zu sein, dass sich die zweite Hälfte des menschlichen Lebens gewöhnlich nur aus Gewohnheiten zusammensetzt, die man in der ersten Hälfte erworben hat”, behauptet der russische Romanautor Dostojewskij. 

Nicht nur aus unserer Alltagserfahrung, sondern mittlerweile auch aus vielen neurophysiologischen Untersuchungen wissen wir, dass etwas durch Wiederholung zu einer Gewohnheit wird. Mit ihnen müssen wir kaum noch unser bewusstes Denken bemühen. Tätigkeiten, die wir oft wiederholen, gelingen fast “wie von selbst”. Stricken, ein Instrument spielen, Rasieren, Radfahren, Anziehen und das schon zitierte Autofahren sind Beispiele dafür. All diese Beispiele stehen für positive Gewohnheiten.

Doch seltsamerweise beachten Menschen, bei sich oder bei anderen, eher die negativen, die schlechten Gewohnheiten. Wir nehmen Negatives wesentlich stärker wahr, weil es unser Überleben eher gefährden kann.

Bei gewohnten Fähigkeiten wie Lesen oder Autofahren wissen wir auch, wie wir sie gelernt haben. Wir haben den Aufwand und die Anstrengung, die es uns gekostet hat, noch in Erinnerung. Wir wissen noch gut, wie lange es dauerte, bis die Abläufe automatisiert waren.

Bei sehr vielen anderen Gewohnheiten, die wir uns durch häufige Wiederholungen “so nebenbei” angeeignet haben, haben wir den Aufwand gar nicht bewusst registriert und auch die damit verbundene Automatisierung findet meist unbewusst statt. 

So haben wir keine Idee davon, welche Mimik sich in unserem Gesicht festgesetzt hat, wie wir beim Sprechen betonen, wie wir Essen zu uns nehmen, wie wir unsere Morgentoilette verrichten, was wir fühlen, wenn uns jemand auf einen Fehler aufmerksam macht, was wir fühlen, wenn uns unser Chef begegnet und was wir denken, wenn uns etwas runterfällt. 

Gewohnheiten, wohin man schaut. Sie zeigen sich in so vielen alltäglichen Abläufen und selbst in der Nacht bestimmen unsere Schlafgewohnheiten, wie wir im Bett liegen. 

Im Prinzip ist es gut, dass wir nicht jeden Abend unser Bewusstsein bemühen müssen, um zu entscheiden, in welcher Position wir am besten einschlafen. Wirklich sehr entlastend, diese Gewohnheiten! Einfach den Autopiloten einschalten und zurücklehnen!

Gäbe es da nicht ein paar Gewohnheiten, die uns nicht gut tun oder die bei unseren Mitmenschen nicht so gut ankommen. Ein Beispiel, das vermutlich alle kennen, sind abgelegte Schlüssel oder Brillen. “Irgendwo im Haus muss das Ding doch sein. Ich hatte es doch vorhin noch in der Hand”, sind unsere inneren Dialoge. Und je länger die Suche dauert, umso heftiger werden die gewohnheitsmäßigen Selbstbeschimpfungen. Dann sind da noch die Essgewohnheiten, die Bequemlichkeitsgewohnheiten, die Nicht-nein-sagen-können-Gewohnheit”, die “Klamotten-in-der-ganzen-Wohnung-verteilt-Gewohnheit” und viele ungeliebte Gewohnheiten mehr. 

Gelegentlich bekommen wir unerwartete Rückmeldungen in Bezug auf unsere Marotten vom Partner, von Freunden oder Arbeitskollegen. Manche der Rückmeldungen sind intimer als andere und deshalb umso irritierender.

Eigentlich sollten wir froh sein, überhaupt von irgendjemandem Rückmeldungen für unbewusste, automatisierte Gewohnheiten zu bekommen. Kann es doch sein, dass viele Menschen unsere Gewohnheit nicht mögen und wir wissen nichts davon. Wenigstens haben wir dann die Chance, uns zu entscheiden, ob wir die Gewohnheit ändern wollen oder nicht.

4. Muster, die durch traumatische Erlebnisse entstehen

Traumatische Erlebnisse können Menschen in jeder Lebensphase ereilen. Je früher sie stattgefunden haben, umso eher werden sie ins Unbewusste abgedrängt. Oft sind diese Erinnerungen durchaus bewusstseinsfähig, aber ins Vergessen geraten. 

Dazu zwei Beispiele aus unserer Coachingpraxis:

Ein Klient will etwas aus seinem Arbeitskontext klären. Auf die Nachfrage, welche Emotionen dabei eine Rolle spielen und woher sie möglicherweise kommen, berichtet er von einer Situation, an die er sich plötzlich erinnert. Er war damals circa sechs oder sieben Jahre alt. Er berichtet unter Tränen, seine etwas jüngere Schwester habe eine Freundin zum Spielen dagehabt. Er wollte mitspielen, aber die beiden hätten ihn nicht gelassen. Da habe er das Gewehr seines Vaters geholt und gedroht zu schießen, wenn sie ihn nicht mitspielen lassen würden. Die Eltern hätten von der Situation erfahren und seien fürchterlich erschrocken gewesen. Sie hätten furchtbar geschimpft und mindestens ein halbes Jahr lang immer wieder mit Strafen gedroht, falls er noch mal so aggressiv und gefährlich mit seiner Schwester oder mit anderen umgehen würde.

Er ist einer von vielen Männern, die von sich behaupten, dass sie so gut wie keine Erinnerungen an ihre Kindheit haben. Aber die Arbeitssituation, wo es um unterdrückten Ärger und Wut ging, hat die verdrängten Emotionen wieder nach oben gespült. Es wird ihm bewusst, dass er damals den unbewussten Entschluss gefasst hat, nie wieder Aggressionen gegen andere Menschen zuzulassen.

Im zweiten Beispiel geht es um eine Klientin aus Bernds Transaktionsanalyse-Ausbildungsgruppe. Sie ist zum Zeitpunkt des Berichts 28 Jahre alt. Sie erzählt, dass sie im Alter von 16 Jahren mit einem Freund bei einem Weinfest war. Dieser Freund sei plötzlich in einen Streit verwickelt und mit einer abgebrochenen Flasche angegriffen worden. Blut ist geflossen, Schreie und Tumult waren um sie herum. Während der ganzen Zeit spielte eine Kapelle Tanzmusik.

Bei jedem Weinfest und bei ähnlichen Situationen kommen die Erinnerungen an die erlebte Situation wieder massiv hoch. Unter bestimmten Bedingungen muss sie das Fest verlassen, weil ihre Ängste so groß werden, dass sie es nicht mehr aushält.

Ein junger Mann hat nach einem Autounfall Angst, sich wieder hinter das Steuer zu setzen, und fährt deswegen nur noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Selbst im Erwachsenenalter können traumatische Situationen unser weiteres Erleben bestimmen.

Durch einmalige traumatische Erfahrungen können zwingende Muster entstehen. Indem die Erfahrung der Einzelsituation auf andere Situationen ähnlichen Charakters ausgeweitet (generalisiert) wird, werden die Muster (Günther Mohr) aktiv. So kann es passieren, dass der Klient durchgehend Auseinandersetzungen mit Arbeitskollegen vermeidet, die Klientin auf Festen Angst bekommt und der junge Mann nur noch öffentliche Verkehrsmittel benutzt, obwohl die gegenwärtigen Situationen objektiv betrachtet keinen Anlass zu einer heftigen Reaktion geben. Heftige Reaktionen erfordern viel Energie.

5. Wie Muster in unser Erleben eingreifen

Am oben beschriebenen Beispiel lässt sich sehr gut erkennen, wie bereits angelegte Muster wieder in unser momentanes Erleben eingreifen. Die Klientin berichtet sehr differenziert, wie sich innere Spannungen auf- und abbauen. Tanzmusik allein erzeugt nur eine geringe Spannung. Kommt eine Menschenansammlung hinzu, steigt die Spannung. Dazu sind im Freien die Ängste größer als in geschlossenen Räumen.

Kommt der Geruch von Wein hinzu, entsteht ein hoher Anspannungsgrad. Gläserklirren und Schreie steigern den Grad ins Unaushaltbare.

Diese Muster-Einspielung (Muster-Rekursivität) in unser momentanes Erleben geschieht nicht nur bei solchen traumatischen Erlebnissen, sondern ständig. Der Hypnotherapeut und Autor Dr. Gunter Schmidt nennt dies “Kontext-Trance”. Wir hören ein Lied und die Stimmung ändert sich (unbewusst). Wir fahren nach Jahren wieder zu unserem Elternhaus und werden unbemerkt, je näher wir kommen, wieder zum kleinen Sohn oder zur kleinen Tochter. Wir betreten ein Krankenhaus und bekommen ein mulmiges Gefühl.


Alle häufig oder nachhaltig abgelegten Erinnerungsmuster sind ganzheitlich und haben Einfluss auf unser Fühlen, Denken und Verhalten. Sie sind verbunden mit allen Wahrnehmungsanteilen, die zur Entstehung des Musters beigetragen haben. Was wir damals gesehen, gerochen, gehört, geschmeckt und gespürt haben, ist Bestandteil des angelegten neuronalen Musters. Diese Kontext-Trigger können, je nach Stärke und Bedeutsamkeit, im momentanen Erleben wieder sämtliche Befindlichkeiten und Emotionen wachrufen. Genau so, wie sie in den vergangenen Situationen angelegt wurden.

Das führt in unserem bewussten Erleben leicht zu Verwechslungen. Wir verwechseln dann die Intensität des vergangenen Erlebnisses mit der realen Bedeutsamkeit im Hier und Jetzt. Die Angst von damals ist dann im Moment wieder so mächtig, auch wenn sie dies bei realistischer Betrachtung nicht sein müsste. Das Erleben von früher interpretiert die Bedeutung für das Heute. Wir legen den Filter von damals auf die gegenwärtige Situation. Häufig spüren wir noch, dass die Heftigkeit der Gefühle unangemessen ist, aber wir haben keine Erklärung dafür, weil wir nicht wissen, wie unser Unterbewusstsein unsere Emotionen von heute triggert.

Die Trigger zu kennen und sie wiederzuerkennen, wenn sie in unangenehmen Situationen den Autopiloten aufrufen wollen, kann uns enorm helfen. Wir können an diesen Stellen neue und gewünschte Gewohnheiten etablieren. Wir können erschöpfende Gewohnheiten sein lassen und damit Burnout vorbeugen. Wir können das Steuer wieder übernehmen und aktiv etwas ändern.

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