Dein unbewusster Lebensplan - Das Lebensskript der Transaktionsanalyse
Gibt es etwas in deinem Leben, was dir immer wieder passiert? Dahinter könnte etwas stecken, was Transaktionsanalytiker das Lebensskript nennen: ein unbewusster Lebensplan, der dein Erleben und Verhalten beeinflusst.
Es sorgt unter anderem dafür, dass du dich immer wieder unbewusst auf die gleiche Weise verhältst.
Das Lebensskript kann dir helfen, dein Leben positiv zu beeinflussen. Mithilfe von Wissen über deinen Lebensplan kannst du nach beeinträchtigenden Gedankenmustern suchen und diese verändern.
Dieser Artikel entstand aus einem Interview mit Almut Schmale-Riedel. Sie ist Autorin des Buches "Der unbewusste Lebensplan - Das Skript in der Transaktionsanalyse."
Hier kannst du dir das ganze Interview mit Almut Schmale-Riedel anschauen, dass diesem Artikel zu Grunde liegt:
1. Dein Leben mit dem Lebensplan
Du kannst deinen Lebensplan aktiv positiv beeinflussen und umschreiben. Du kannst versuchen, deine alten Muster zu erkennen und dir überlegen, wie du mutig Neues ausprobieren kannst.
Als Kind boten dir diese Muster deines Lebensplans Orientierung. Das half dir, dich in der Welt zurechtzufinden. Es stellt eine absolute Notwendigkeit für das Überleben eines Kindes dar.
Es kann entlasten, wenn du diese Orientierungsleistung deines früheren Ichs annimmst und wertschätzt. Auch wenn bestimmte Muster deines Lebensplans heute nicht mehr helfen.
Verantwortlich dafür ist, dass Teile davon unbewusst sind. Du kannst sie jedoch wieder bewusst werden lassen.
1.1 So profitierst du, wenn du deinen Lebensplan kennst
Gegenüber ähnlichen Konzepten wie den Glaubenssätzen aus der NLP (Neurolinguistisches Programmieren) bietet das Lebensskript Konzept den Vorteil, dass es die Komplexität der Psyche umfassender abbildet.
Die einzelnen Bestandteile (Innere Antreiber, Einschärfungen, Zuschreibungen, kindlichen Schlussfolgerungen und Entscheidungen) bilden dabei ein Netzwerk und helfen, tiefgehende Zusammenhänge zu verstehen.
Dein Lebensplan enthält Hinweise für deine Entwicklungsrichtung. Mit den Skript-Mustern sind auch Stärken verbunden, die du in deiner Entwicklung nutzen kannst.
Entscheidend, um aus dem Skript herauszukommen ist, dass du Skript-Mustern nicht mehr blind folgst. Stattdessen soll es dir ermöglichen, dass du dich frei zu den Dingen entscheiden kannst, die du tust.
So kannst du beispielsweise einen Drang, immer der/die Beste sein zu müssen, mit Wunsch dein Bestes zu geben, erweitern. Aber auch “sein Bestes geben” unterliegt idealerweise einer freien Entscheidung.
Es geht darum, sich frei dazu entscheiden zu können und es nicht sein zu müssen. Zum Beispiel, wenn es aufgrund anderer Verpflichtungen mal nicht angebracht ist.
Jeder von uns hat in der Kindheit neuronale Netzwerke entwickelt, die sich noch als Erwachsene als bestimmte Denk- und Fühlmuster auswirken. Diese können nicht einfach rausgeschnitten werden. Wir können jedoch daran arbeiten, dass sie schwächer werden. So können wir dafür sorgen, dass sie nicht mehr so oft getriggert werden.
1.2 Nichts ist unnormal - Der Lebensplan bietet Erklärungen
Jeder Mensch hat einen Lebensplan. Das Zustandekommen ist ein natürlicher Mechanismus. Das bedeutet, dass dein Lebensplan nichts Krankhaftes hat oder aus etwas Abnormalem entstanden ist.
Es erklärt, wie Menschen zu einem bestimmten Verhalten kommen und wie sie sich ihr Selbst-, Menschen- und Weltbild aufgebaut hat.
Stell dir vor, ein Kind hat ein älteres Geschwister, das logischerweise aufgrund des höheren Alters mehr Fähigkeiten besitzt.
Das jüngere Kind könnte mit seiner kindlich naiven Denkweise zu dem Schluss kommen, dass es nicht so schlau sei. Das ältere Geschwister kann schließlich alles besser und schneller. Ein solcher kindlich naiver Rückschluss kann sich kristallisieren und fortan die Persönlichkeit prägen.
Das wäre kein Ausdruck davon, dass etwas mit dem Kind nicht stimmt. Sondern dass es noch eine naive Weltsicht hat. Es sieht nicht, dass sie vermutlich nur aufgrund des Altersunterschiedes weniger fähig ist.
2. Was ist der Lebensplan?
Der unbewusste Lebensplan ist wie eine Landkarte, die wir uns in der Kindheit erarbeiten, um uns in der Welt zu orientieren. Die im Lebensplan niedergeschriebenen Annahmen beeinflussen, wie wir uns selbst, die Welt und andere wahrnehmen. Damit verknüpft ist oft eine Auf- oder Abwertung bestimmter Aspekte.
2.1 So wirkt der Lebensplan
Der Lebensplan beeinflusst, wie wir uns selbst, die Welt und andere wahrnehmen. Dazu färbt es unsere Wahrnehmung
Die Welt wird so umgedeutet, dass sie zu unseren Glaubenssätzen passt. Das führt dazu, dass wir bestimmte Aspekte verdrehen oder sogar komplett ausblenden. Manchmal inszenieren wir Situationen sogar extra so, dass sie in unseren Lebensplan passen.
Ein Träger von “Ich bin nicht schlau”, könnte ein “das ist falsch” zu “ich bin dumm” uminterpretieren.
Jemand, der sich für nicht liebenswert hält, kann ein ehrlich gemeintes “Ich hab dich lieb” als Ironie verstehen und die Aussage damit völlig ins Gegenteil verkehren.
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2.2 Der Lebensplan wird aktiv, wenn…
In den Phasen, wo es uns gut geht, ist der Lebensplan meistens nicht präsent. Geht es uns schlecht, wird er aktiv, um uns Orientierung zu geben.
Häufige Sätze sind:
“Ich bin zu doof.” Dieser führt dazu, dass wir unsere Intelligenz abwerten und die anderer aufwerten. Daraus folgt, dass wir glauben, nicht erfolgreich sein zu können oder Probleme alleine zu lösen.
”Ich bin nicht wichtig.“ Dieser wertet die Wichtigkeit unserer Bedürfnisse ab und die anderer auf. Er führt dazu, dass wir uns selbst vernachlässigen und uns lieber um andere sorgen und kümmern.
3. Lebensplan Beispiele
Ulrikes Vater ist Lehrer und verlangte von ihr, vor dem anstehenden Mathe Test ausgiebig zu üben.
Auf die 2, die seine Tochter in diesem Test schreibt, sagt er: “Siehst du, wenn du dich anstrengst, erzielst du gute Noten! Mit mehr Üben wird es beim nächsten Mal eine 1.”
Ulrike prägte sich daraufhin ein, dass sie gute Leistungen nur erreichen kann, wenn sie dafür hart arbeitet.
Zudem erfuhr sie im Nachhinein, dass eine Freundin eine 1 in dem Test geschrieben hat, obwohl sie am Tag vorher im Freibad war.
Sie kommt zu dem umbewussten Schluss, dass sie so viel üben muss, weil sie nicht intelligent ist, um es ohne Vorbereitung zu schaffen.
Als Ulrike mit 47 Jahren erkennt, wie sie zu diesem Glaubenssatz kam, schaut sie, was sie alles schon ohne Vorbereitung erreicht hat und probiert aus, was passiert, wenn sie sich mal gezielt nicht vorbereitet.
Zudem fängt sie an, für sich neu zu definieren, was eine gute Leistung ist. Das, indem sie sich eigene Maßstäbe definiert: “Es ist eine gute Leistung, bei einem Rundlauf teilzunehmen. Man muss ihn nicht gewinnen”, “Es ist eine gute Leistung, eine Weiterbildung zu bestehen. Man muss nicht Weiterbildungsbeste sein.” Auf diese Weise fing sie an, zufrieden mit ihren Leistungen zu sein.
(Beispiel von Almut Schmale-Riedel aus dem Buch: Der unbewusste Lebensplan)
Auf der Arbeit wird Sabine geschätzt, weil sie gut Konflikte lösen kann.
Jedoch merkt Sabine, dass diese gute Eigenschaft sich bei ihr eher als eine Harmoniesucht zeigt. Sobald ein Konflikt entsteht, will sie ihn sofort schlichten und hält es nicht aus, wenn die Austragung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird.
In der Beschäftigung mit ihrem Lebensplan bemerkt sie zudem, dass sie nie wütend ist.
Sie beginnt in ihrer Kindheit nach Momenten zu suchen, in denen sie wütend.
Sie erinnert sich an eine Situation, die sie mit 4 Jahren erlebte: Sie war wütend und wurde von ihrer Mutter daraufhin vor einen Spiegel gestellt. Sabines Mutter sagte zu ihr: “Wenn du so weiter machst, bekommst du Hörner.”
Die kleine Sabine dachte damals bei dem Wort Hörner an den Teufel und prägte sich ein, dass sie böse sei.
Das durfte jedoch niemand mitbekommen, da sie sonst nicht liebenswürdig ist.
Auf diese Erkenntnis hin entkoppelt sie bewusst “wütend sein” und “böse sein”.
Das hilft ihr in kleinen Schritten die Harmoniesucht zu überwinden. Sie konnte mit Hilfe ihrer Erkenntnisse und der bereits geleisteten Entwicklungsarbeit zunächst kleine Streits ein wenig besser aushalten.
(Beispiel von Almut Schmale-Riedel aus dem Buch: Der unbewusste Lebensplan)
4. Wie entsteht der Lebensplan?
Kinder haben ein großes Bedürfnis, die Angst und Unsicherheit, die die fremdartige Welt ihnen bereitet, zu bändigen. Um dies zu tun, brauchen sie Orientierung.
- Was ist ungefährlich?
- Was hilft mir?
- Wovor sollte ich mich hüten?
Sie wollen wissen, was sie für ein Mensch sind, was ihr Platz ist, wie die anderen sind und wie sie sein müssen. Aus den Antworten auf diese Fragen bauen sie sich dann unbewusst ihren Lebensplan.
Die Mitmenschen beeinflussen diesen Prozess beträchtlich.
Beispielsweise kann das Bild der Eltern, wie sie ihr Kind gerne hätten, in Form von Zuschreibungen in den Lebensplan einfließen.
Die Eltern haben zwar einen starken Einfluss auf den Lebensplan ihrer Kinder, aber sie können ihn nicht direkt bestimmen.
Entscheidend ist, was das Kind aus den Informationen der Umwelt macht.
Wenn die Eltern dem Kind zum Beispiel immer wieder sagen, dass es dumm ist, kann das Kind das so annehmen und fortan sich keine Mühe mehr bei Leistungserhebungen geben. Es kann aber auch beginnen, sich extra anzustrengen, um zu beweisen, dass seine Eltern unrecht haben. Es könnte genauso gut auch die Aussage der Eltern ignorieren und seine eigenen Ziele verfolgen.
5. Den eigenen Lebensplan aufdecken
Allein an seinem Lebensplan zu arbeiten kann schwierig sein.
Oftmals haben wir blinde Flecken, die wir alleine ins Bewusstsein rücken können. Es kann daher hilfreich sein, mit anderen zusammen am Lebensplan zu arbeiten.
- Gerätst du immer wieder in die gleichen schwierigen Situationen?
- Hast du Denkmuster, die dafür sorgen, dass es dir schlecht geht?
- Gerätst du immer wieder in Konflikte mit bestimmten Personen?
- Hast du häufig schlechte Laune als Reaktion auf etwas?
- Bist du unüberwindbar unmotiviert bei bestimmten Tätigkeiten?
- Gibt es etwas, was dir unerklärbar schwerfällt?
- Wann wirst du schnell wütend, traurig oder ängstlich?
Im Buch von Almut Schmale-Riedel finden sich weitere Anregungen zur Selbstreflexion:
- Hast du manchmal das Gefühl, nicht dein eigenes Leben zu leben, sondern das von jemand anderem?
- Denkst du manchmal, du müsstest jemand anderen erlösen oder von einer Schuld befreien?
- Musst du im Leben etwas als Ausgleich schaffen, weil deine Eltern es nicht geschafft haben?
- Wie gut kannst du Mitgefühl mit deinen Angehörigen haben, ohne dich dadurch selbst unglücklich zu machen?
- Kannst du dich gut vom Schicksal deiner Ahnen abgrenzen, ohne sie abzuwerten oder zu verdrängen?
- Kannst auch sehen, welche Lebenserfahrung und welche Stärken du durch deine Ursprungsfamilie mitbekommen hast?
5.3 So kannst du deine Lebensplanung aktiv gestalten
Du kannst einen gezielten Blick auf deine Lebensgeschichte werfen. Versuche zu hinterfragen, welche Rolle du in deiner Familie einnimmst oder was deine Eltern dir mit auf den Weg gegeben haben.
Wenn du dich in der Tiefe mit deinem Lebensplan befassen möchtest, empfehlen wir dir, eine Skriptanalyse im Rahmen eines Skriptseminares zu machen.
Über den Autor: Steffen Raebricht
Gründer von TA+
Transaktionsanalyse-Trainer, Selbstständig, Universitäts-Dozent (UT-Dallas), Trainer, Coach, Autor, Imker