Visionssuche - Vision-Quest: “Nein, bitte geh’ nicht!"

“Nein!”, denke ich mir. “Bitte geh’ nicht. Wir haben doch erst 5 Minuten miteinander gesprochen!...” Sebastian Kaiser erzählt über seine Erfahrungen einer Visionssuche, auch Vision-Quest genannt.

Visonssuchen: "Wie wird das wohl sein?"

Anderthalb Tage vorher: Ich komme “Am Hochmoor” an. In den letzten Wochen habe ich viel darüber nachgedacht, wie ich meine erste Visionssuche wohl erleben würde. Visionssuche heißt, eine Antwort auf eine schwierige Frage zu finden, oder auch Hilfe für eine schwere Entscheidung zu bekommen. 

Ich habe im Vorfeld viel gegrübelt, wie es wohl sein würde, allein und mehrere Tage ohne Ablenkung auf einer Wiese. Und damit meine ich nicht, mal für ein paar Tage das Handy auszulassen oder keine Nachrichten zu schauen. Ich meine damit den Verzicht auf JEGLICHE Ablenkung: Kein Lesen, kein Zeichnen, keine Notizen. Keine Uhr. Keine Gespräche mit anderen Menschen. Kein Essen, nur Wasser. Ein Zelt, ein Stück Weide von 10x10 Metern. Keine Beschäftigung. 

Denn genau darum geht es: Ich soll keine Beschäftigung haben. Die Idee dahinter ist: Wenn ich mich nicht mehr ablenke, kommt mein Geist zunächst zur Ruhe. Und dann kann er sich entspannt um meine Frage kümmern. Soweit die Theorie. Doch zunächst noch einmal zurück zum Ablauf:

Vision-Quest: "Ich war überrascht."

Nach der Ankunft werden wir Teilnehmer von Wolfgang und Steffen in Empfang genommen. Sie haben beide selbst schon an unzähligen Visionssuchen teilgenommen und möchten nun uns die Möglichkeit geben, unsere Fragen zu klären. 

Die Atmosphäre auf dem Grundstück ist sehr friedlich. Bereits nach wenigen Minuten merken wir, wie wir zur Ruhe kommen. Es folgen ein Kennenlernen und ein gemeinsames Essen, bevor wir dann die Vorbereitungen für die nächsten Tage treffen: Auswahl eines Zeltplatzes, Holz sammeln für die Eröffnungszeremonie am Abend sowie Aufbau des Zelts. 

Am Abend beginnt dann die Visionssuche, eingeleitet von mehreren schamanischen Ritualen. Ich möchte hier nichts verraten, nur soviel: Die Rituale überraschen auch mich als “Geerdeten” sehr und gewähren mir neue, tiefe Einblicke in mich selbst. 

Gemeinsam finden wir daraufhin eine klare Formulierung unserer Fragen für die nächsten Tage und begeben uns dann nachts zu unserem Zelt, wo wir die nächsten Tage verbringen würden… 

Eingebungen kommen

Der erste Morgen ist wundervoll. Sehr ruhig und friedlich erwache ich in meinem Zelt. Die Sonne scheint, der Tau liegt auf der Wiese. Ich merke, wie ungewohnt es ist, ohne ständige Reize auszukommen. Ich gehe im Kreis und tue, was mir Wolfgang und Steffen geraten hatten: Ich spreche meine Frage immer wieder laut aus. Es passiert: Nichts.

Im Laufe des Tages habe ich erste kleine Eingebungen. Es fühlt sich an, als ob mir etwas einfällt, dass ich vorher vergessen hatte. Diese Eingebungen haben nichts mit meiner Frage zu tun, sondern sind kurze Antworten auf Fragen im Alltag, die mich schon länger beschäftigt hatten: Warum fallen mir bestimmte Reaktionen bei bestimmten Personen schwer? Wie sollte ich die Tools für die Buchung meiner Fitness Camps optimal einsetzen? Wie kann ich am Besten vollständig entspannen? 

Am frühen Abend kommt Wolfgang vorbei. Zumindest glaube ich, dass es der frühe Abend ist: Die Sonne steht niedrig, die Schatten sind lang, es ist bereits etwas kühler. Eine Uhr habe ich ja nicht dabei. 

Wolfgang fragt mich, wie es mir geht. Tatsächlich geht es mir sehr gut. Dass ich seit 24 Stunden nichts gegessen habe, stört mich nicht. Das Hungergefühl kenne ich vom Fasten. Du bist zwar hungrig, mehr aber auch nicht. Es gibt keine Steigerung von hungrig. Du bleibst einfach nur ein bisschen länger hungrig. 

Ich erzähle Wolfgang von meinen ersten Erkenntnissen. Er erklärt mir, dass das Gehirn jetzt ungestört mit seiner Kernaufgabe anfängt: Probleme zu lösen. Wir reden ein bisschen, dann steht er auf. 

“Nein!”, denke ich mir. “Bitte geh’ nicht. Wir haben doch erst 5 Minuten miteinander gesprochen!...”  Ich wundere mich, wie wichtig mir der menschliche Kontakt auf einmal ist. Doch Wolfgang muss gehen: Wie ich später erfahre, haben wir über eine halbe Stunde gesprochen. Und zu den anderen Teilnehmern muss er ja auch noch. Also setze ich mich wieder ins Gras und spreche mir weiter laut meine Frage vor. 

Es dämmert, und da kommt Steffen vorbei. Auch er spricht mit mir über mein bisheriges Erleben. Ich fühle mich gut aufgehoben bei den Beiden. Aber auch Steffen muss wieder gehen, und so lege ich mich ins Zelt, bereit für meine zweite Nacht auf der Weide…

Der nächste Tag startet wie der vorherige: Klar, ein bisschen Hunger habe ich. Und ich frage mich zum ersten Mal, ob ich vielleicht etwas anders machen muss, um meine Antwort zu bekommen. Da kommt mir in den Sinn, was Steffen mir am Abend gesagt hat: Einfach immer wieder selbst die Frage stellen. Die Antwort kommt von allein, aus dem Inneren heraus. Also tue ich wie mir geheißen. Ich spaziere im Kreis, gehe auf und ab, setze mich ins Gras. Und stelle mir immer wieder meine Frage. 

Die Vision erscheint

Es müsste gegen Mittag sein. Ich gehe wieder auf meinem Stückchen Weide hin und her. Und plötzlich habe ich eine Eingebung: Es ist wieder so, als wenn mir etwas einfällt. Aber jetzt ist es stärker. Ein kurzer Satz kommt mir einfach so in den Sinn - ich habe die Antwort auf meine Frage! Allerdings fühlt es sich nicht vollständig an. Aber richtig. Und so freue ich mich und lasse diesen ersten Teil meiner Antwort auf mich wirken. 

Als Wolfgang später wieder kommt, erzähle ich ihm von meiner Erkenntnis; Aber auch davon, dass es sich so unvollständig anfühlt. Er ermuntert mich, mir weiter die Frage zu stellen, um auch den fehlenden Teil noch zu ergründen. Also mache ich weiter. Und stelle mir immer wieder meine Frage. 

An diesem Abend gehe ich früh schlafen. Irgendwie bin ich erschöpft. Am nächsten Morgen kommt Steffen um nach mir zu sehen. Seinen Besuch am Abend zuvor habe ich verpasst, weil ich schon geschlafen hatte. Auch er ermuntert mich, weiter zu fragen. Und so frage ich weiter….

Plötzlich, es müsste Nachmittag sein, schießen mir wieder Schlagwörter in den Kopf. Es sind zwei ganz kurze Sätze, die mir auf einmal völlig klar erscheinen. Sie gesellen sich zu meiner ersten Antwort. Damit habe ich als Antwort auf meine Frage einen Dreiklang von Antworten. Ich bin dankbar und lasse die Worte in mir nachhallen. Die nächste Zeit beginne ich damit, schon einmal meine Antwort zu testen; Und es fühlt sich richtig und gut an! 

Ich hänge mein Handtuch auf. Das ist das Zeichen, dass ich meine Antwort gerne mit Wolfgang und Steffen besprechen möchte. Steffen kommt als Erster zu mir. Zuerst muss er mich ein bisschen einfangen, weil ich so aufgeregt bin. Dann erzähle ich ihm von meiner letzten Vision und zusammen gehen wir die Tragweite der Antwort durch. Kurz nachdem er gegangen ist kommt Wolfgang zu mir. Gemeinsam mit mir überprüft er durch einige Techniken, wie ich im Inneren zu den Antworten stehe. Danach gibt er mir hilfreiche Tipps an die Hand, um meine Antwort auch in der Praxis umzusetzen. Ich habe es geschafft! 

Die nächsten Stunden verbringe ich damit, das Erlebte zu verarbeiten. Es gibt ein leckeres Essen und viele gute Gespräche mit Steffen und Wolfgang. Ich bleibe noch bis zum Nachmittag des nächsten Tages, um die Stimmung und die Ruhe etwas zu genießen. Auch mein Handy mache ich erst kurz vor der Abreise wieder an. Als ich zum Bahnhof gefahren werde, bin ich wehmütig, diesen schönen Ort verlassen zu müssen, an dem so schnell so intensive Erinnerungen entstanden sind - und freue mich riesig, meine Erfahrung und meine Antwort umzusetzen!

Viele Grüße

Sebastian Kaiser, Personal Trainer aus Köln (www.fitnesskaiser.com)

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