Wann mutig sein - Wann braucht man mut?  

Wenn Vorgesetzte überrascht sind, dass du mehr Gehalt forderst...

Wenn du auf der Arbeit Aufgaben an die Leute zurückgibst, die sie eigentlich auch zu erledigen haben...

Wenn deine Freunde skeptisch gucken, weil du deinen Fernseher verkaufen willst...

Wenn dich 3 Freunde überreden wollen, nur noch 1 Weinchen zu trinken...

...dann braucht es Mut.

In vielen Situationen ist klar, was zu tun ist. In manchen wiederum nicht. Wann soll man mutig sein? Wann nicht? Woher weiß ich überhaupt, ob du in die richtige Richtung schaust? Was ist überhaupt die richtige Richtung? Weißt du, was du willst? Gibt es einen roten Faden?

Dieser Artikel liefert dir Anregungen auf diese Fragen. Du kannst herausfinden, was dir wichtig ist, in welchen Situationen es sich lohnt, mutig zu sein und wie du ethisch wertvoll handeln kannst.



1. Mut zum Gewinnen 

  • Als Daniele beginnt eine Mail an einen erfolgreichen Unternehmer zu schreiben, ist bei ihm noch alles okay.

    Als er dann den Satz tippt: “Ich möchte von dir lernen, wie du so erfolgreich geworden bist.” - bemerkt er, wie ihm mulmig in der Bauchgegend wird. Es fühlt sich an, als ob er sich entblößt.

    Viel lieber würde er weiterhin den Coolen geben, der weiß wie der Hase läuft. Doch tatsächlich weiß er es nicht.

    Als die Mail fertig geschrieben ist und er nur noch auf “Senden” klicken muss, zögert er: “Was, wenn er meine Mail blöd findet? Was, wenn der viel zu viel zu tun hat als sich mit mir zu beschäftigen? Ich kann den doch nicht einfach anschreiben.”

    Daniele überlegt, was er tatsächlich will: Er will erfolgreich sein. Diese Mail zu senden ist ein logischer Schritt dafür.

    Daniele fasst sich ein Herz, ignoriert sein Zöger-Gefühl und klicke mechanisch, nur von seiner Willenskraft gesteuert, auf Senden.

    Er sitze da und starrt auf den Bildschirm. Gesendet.

    Aufregung macht sich breit. Er rutsche wie wild auf seinem Stuhl hin und her. Gesendet! Er springt auf und ist hochgespannt, was passieren wird. Gleichzeitig sagt er sich “Yes!” Egal, ob und welche Antwort er erhalten wird: Er ist mutig auf sein Ziel zugegangen.

Dein Mut ist gefordert, wenn du gewinnen willst. Damit meinen wir, dass du etwas erreichst, was du dir wünscht. Gewinnen meint nicht, dass jemand anders verliert. Erinnerst du dich an den kategorischen Imperativ von Kant? Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Aber dazu kommen wir später.

Du gewinnst, wenn du danach strebst, dir echte Bedürfnisse zu erfüllen. Doch manchmal ist es gar nicht so einfach herauszubekommen, was du willst.

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2. Mutig für Bedürfnisse einzustehen

  • Es ist Freitag und Daniele kommt der Gedanke, wie er sein Wochenende verbringen könnte. Bisher hat Daniele seine Freund gefragt, was sie tun möchte und gehofft, dass sie einen Vorschlag bringt. Doch das war selten der Fall. Es kam nur als Antwort nur: Mir egal, schlag du etwas vor. Daniele dann wieder: Mir auch egal. Auf diese Weise sind die beiden schon darüber in Streit geraten, was sie am Wochenende unternehmen könnten.

    Daniele hat eine neue Idee. Bevor er fragt, was seine Freundin machen will, denkt er zunächst selbst nach. Als ihm das nächste mal der Gedanke kommt, was sie am Wochenende unternehmen könnten, kehrt er in sich: “Ok, ich habe Lust auf draußen sein, eine Radtour zum Beispiel. Und Mittagsschlaf. Das sind 2 Dinge, die ich gern machen würde.” Dieses mal ist Daniele sich über seine Wünsche im Klaren als er fragt. Es kommt zu keinen Friktionen.

    Auf der Arbeit macht Daniele dasselbe. Wenn er ein Problem im Team anspricht, denkt er sich davor bereits eine Lösung aus. So weiß er bereits, was er will und kann in Diskussionen seine Bedürfnisse vertreten.
  • Robin ist zwischen 2 Positionen hin und her gerissen. Ihre Freundin Tina wurde gerade von ihrem Partner verlassen - per Textnachricht! Ein Notfall.

    Tina fragt, wann Robin heute noch Zeit hat zum Reden. Sie geht in sich und schreibt schließlich: “20:00 Uhr für eine Stunde ist gut. Ansonsten fällt mir das Zuhören zu schwer.” Tina sagt die Zeit zu.

    Später schreibt Tina erneut: “Wir haben bis 20:30 Tanztraining. Kann ich danach kommen?” Robin bemerkt jetzt eine Zwickmühle. Sie will auf der einen Seite eine gute Freundin sein, auf der anderen Seite hatte sie 20:00 Uhr gesagt und will nicht länger als 21:00 Uhr machen. Was tun?

    Normalerweise würde Robin sagen: “Ja gut, komm nach dem Tanztraining.” Dann würde sie wach bleiben und auf Tina warten. Das würde aber auf Robins Stimmung drücken.

    Robin stellt sich die Zauberfrage: “Was will ich wirklich? Ich will wirklich helfen und zuhören, aber nicht so spät.” Jetzt ist Mut gefragt. Robin befürchtet, dass ihre Freundin sauer auf sie sein könnte. Gleichzeitig erkennt Robin, dass wenn Tanztraining wichtiger als das Gespräch ist, Tina auch bis zum nächsten Tag warten kann.

    Mit unsicherem Gefühl im Bauch antwortet Robin: “Hey Tina, das wird mir dann zu spät. Ich bin nur bis 21:00 Uhr für derlei Gespräche zu gebrauchen. Dann lieber morgen 18:00 Uhr. 20:00 Uhr ist heute das Späteste, was ich dir anbieten kann?” Einige Zeit kommt keine Antwort. Dann schreibt Tina. “Okay, dann gehe ich etwas eher vom Training los. Bis nachher.” Robin ist erstaunt, wie gut das geklappt hat.

    Zunächst war es hilfreich für Robin, sich ihres inneren Konflikts bewusst zu werden. Es hat sie einiges an Energie gekostet, ihr Bedürfnis nach Schlaf ernst zu nehmen. Eigentlich wäre es ihr viel leichter gefallen, Tina einfach zum späteren Zeitpunkt zuzusagen. Allerdings hätte sie es hinterher wahrscheinlich geärgert, weil es dann so spät geworden wäre.

    Egal, wie Robin sich entschieden hätte, sie wäre mit negativen Gefühlen konfrontiert gewesen. Sie erkennt: Bei Mutproben hat sie zuerst negative Gefühle und hinterher gute. Stolz zum Beispiel. Bei Feigheit und Faulheit ist es genau umgekehrt: Sie hätte die Konfrontation zunächst umgangen. Dafür hätte sie sich wahrscheinlich hinterher schlecht gefühlt, weil sie nicht zu sich gestanden hätte. Außerdem hätte sie weniger Schlaf bekommen.

    Es gibt noch einen Unterschied: Die Gefühle, die am Schluss gefühlt werden, bestehen viel länger. Deswegen entscheidet sich Robin dafür, sich bei zukünftigen Mutproben sofort ihren negativen Gefühlen zu stellen.

    Robin hat ihre Mutprobe für eine Situation absolviert, die immer wieder mal auftritt. Tina hat nämlich öfters ganz dringende Notfälle und will dann sofort Aufmerksamkeit. Robin wusste also, was auf sie zukommt. Auf diese Weise kann sie sich besser ausprobieren. Aber auch, wenn dies eine neue Situation gewesen wäre, hätte Robins Methode funktioniert.

In einem nächsten Schritt haben sich Robin und Daniele gefragt, was sie gerade wollen. Das kann bereits Klarheit erzeugen wie bei Daniele, der am Wochenende eine Radtour unternehmen möchte. Bei Robin trat ein innerer Konflikt zu tage. Sie wollte Tina eine gute Freundin sein und auf sich achten. Als Daniele die Email an den Unternehmer schrieb, trat ebenfalls ein innerer Konflikt auf. Er wollte cool wirken und gleichzeitig aber auch Rat bekommen. Bei beiden Konflikten kann diese Frage helfen:

Was will ich gerade wirklich?

  • Robin wird klar, dass ihr beides wichtig ist. Mit einer mutigen und kreativen Lösung, kann sie beiden Bedürfnissen auch gerecht werden. Hinterher ist Robin froh, dass sie sich die Mühe gemacht hatte, ihr Bedürfnis ernst zu nehmen. Jetzt kann sie sich um sich selbst kümmern und zeitgerecht schlafen gehen.
  • Danieles Wünsche standen sich unvereinbar gegenüber. Will er Rat haben, muss er seine Coolness-Deckung fallen lassen. Die Frage, was er wirklich will, hilft ihm darüber klar zu werden, was ihm wichtiger ist. Der Wunsch nach Coolness hatte nur eine innere Unsicherheit verdeckt. Diese wird Daniele nun bewusst. Das schmerzt ihn auch. Doch jetzt kann Daniele tatsächlich daran arbeiten. Er macht sich nichts mehr vor.

Weißt du, warum wir nicht ständig unseren wirklichen Bedürfnissen nachgehen? Weil wir oftmals glauben nur akzeptiert zu werden, wenn wir uns verstellen. Doch das gehört zum alten Spiel der Kindheit, wo man brav sein musste. Setzt du deinen erwachsenen Verstand ein, kannst du du selbst werden und trotzdem akzeptiert werden. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist sogar viel höher. Das kannst du ganz einfach überprüfen. Welche Menschen sind dir lieber: Authentische oder Unauthentische? Indem du mehr zu dir kommst, wirst du auch interessanter für andere Menschen. Ein Paradox.

Robin und Daniele sind häufig nicht bei sich, weil sie es sich angewöhnt haben. Ihre Gewohnheiten haben Beschützer. Diese sind mächtig und es wird nicht leicht gegen sie zu bestehen. Denn es wird sich so anfühlen, als ob deinen ärgsten Feind umarmen musst, um zu erhalten, was du willst. Du musst etwas tun, was ein Teil von dir überhaupt nicht will, um zu bekommen, was ein anderer Teil von dir möchte. Dieser widerstrebende Teil wird erst nach ein paar Umarmungen verstehen, dass dein neues Verhalten auch gut für ihn ist. Wir schreiben von deinen negativen Gefühlen.

Angst, Scham, Unsicherheit, Peinlichkeit, das Gefühl von Schwäche, das Gefühl von “sich falsch anfühlen” usw. sind die Beschützer deiner alten Gewohnheiten. Diesen Gefühlen gilt es sich zu stellen, wenn du zu dir selbst kommen willst.

Wir wissen aus eigener Erfahrung: Du willst dich nicht mit diesen Gefühlen auseinandersetzen. Doch frage dich: “Was willst du wirklich?” Weiter auf der Stelle treten und dich hinterher schlecht fühlen? Oder eine Zeit lang negative Gefühle sofort in Kauf nehmen, dafür aber vorwärts kommen und dich hinterher großartig fühlen?

Keine Sorge. Wir werden dir noch zeigen, wie du mit diesen schwierigen Gefühlsgegnern umgehen kannst, damit sie deine Gefühlsfreunde werden. Wir können sie nämlich dazu bewegen, dass sie unsere Freunde werden. Denn tatsächlich sind sie das schon. Du weißt es nur noch nicht.

Mut lohnt sich, um deine Bedürfnisse zu erfüllen. Umgekehrt erfährst du auf die gleiche Weise, wann du nicht mutig zu sein brauchst beziehungsweise wann du Mut zum Widerstand benötigst.

3. Widerstand leisten ohne Angst

Nämlich wenn es kein inneres Bedürfnis gibt und aber Druck von Außen auf dich ausgeübt wird. Zum Beispiel bei Provokationen. Auf der Arbeit:

  • Die Chefin zu Robin “Frau Welsleben, ich hätte ja nicht erwartet, dass sie dem Arbeitsdruck nicht standhalten.”
  • Ein Kumpel zu Daniele: “Komm schon, nur noch ein Schnapsi!”

Nur allzu oft haben die Beiden sich solchem Druck bisher gebeugt. Robin arbeitete noch härter und Daniele hat weiter getrunken. Jetzt halten sie dagegen.

Sofort kommen unangenehme Gefühle hoch. Angst vor Entlassung bei Robin. Daniele fühlt sich entmännlicht. Beide fragen sich: “Was will ich wirklich?” Sie haben keine Lust mehr, manipuliert zu werden. An dieser Stelle wird Mut durch Unterlassung notwendig. Auch wenn sie dazu erstmal negative Gefühle aushalten müssen. Daniele und Robin können übrigens kaum abwarten, wie das geht, mit dem richtigen Gefühlsumgang.

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4. Mut zum Hinterfragen

Manchmal kommen Daniele und Robin auch in Konflikt zwischen dem, was ihnen gut tut und gesellschaftlichen Normen:

  • Eigenlob stinkt!
  • Sei nicht so albern in der Öffentlichkeit!
  • Es ist unhöflich Frauen den Einkauf tragen zu lassen!
  • Männer, die weinen, sind Weicheier!
  • Man muss immer zum Geburtstag gratulieren!
  • Wer A sagt, muss auch B sagen!

Wir glauben, dass es sich lohnen kann, solche Konventionen zu hinterfragen. In einem nächsten Schritt können die beiden abwägen, ob sie gegen sie verstoßen wollen oder nicht:

  • Stinkt Eigenlob tatsächlich oder ist es vielleicht auch okay, sich selbst ein Kompliment zu machen?
  • Was ist an Albernheit in der Öffentlichkeit so schlimm?
  • Sind Frauen so schwach, dass sie ihren Einkauf nicht selbst tragen können?
  • Ist weinen tatsächlich unmännlich?
  • Musst du gratulieren, auch wenn du keine Lust dazu hast?
  • Wer sagt, dass man auch B sagen muss?

Es kann hilfreich sein, Konventionen zu befolgen. Wenn sich Robin bei einer Bank bewirbt und nicht in Flipflops erscheint. Selbst, wenn das nicht ihr bevorzugter Kleidungsstil ist. Wenn Daniele zu Gast ist, kann es hilfreich sein, die Gepflogenheiten des Gastgebers zu befolgen. Doch in vielen Situationen sind Konventionen durchaus hinterfragenswert.

  • Muss Arbeit anstrengend sein?
  • Ist Kolumbien tatsächlich ein gefährliches Reiseland?
  • Sollte man wegen der Zecken tatsächlich hohes Gras meiden?
  • Ist es peinlich, einen fremden Menschen auf der Straße anzusprechen?
  • Kann es sinnvoll sein, dem Chef zu widersprechen?
  • Kriegt man sein Leben nicht auf die Reihe, wenn man zum Psychologen geht oder sich coachen lässt?

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Störendes hinterfragenswert ist. Indem du das tust, überprüfst du Gedanken mit Hilfe deines erwachsenen Verstandes und anhand der neuen Spielregeln. Wir alle haben gesellschaftliche Normen übernommen und tragen sie in uns. Mit einer Überprüfung können wir Althergebrachtes aus der Kindheit entstauben. Wir können übernehmen, anpassen oder ablehnen.

“Tradition ist nicht das Aufbewahren der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.”

Jean Jaurès

Mit Hilfe von mutiger Überprüfung können wir uns von Schwachsinn und orthodoxen Geboten befreien, die schon längst der Vergangenheit angehören sollten. Sie halten sich jedoch hartnäckig aus falsch verstandener Sitte. Prüfe Regeln, ob sie dich davon fern halten, deine Bedürfnisse zu erfüllen. Du darfst dich selbst loben. Daraus kannst du viel neue Freiheit und Zufriedenheit gewinnen.

5. Zusammenfassung

  • Möchtest du ein Grundbedürfnis erfüllen, brauchst du Mut aktiv zu werden
  • Wenn Druck von außen kommt, brauchst du Mut dagegen zu halten
  • Deine negativen Gefühle sind deine Freunde. Sie sind wertvolle Hinweisgeber, die dir sagen, an welchen Punkten du nicht bei dir bist. An diesen Punkten kannst du deinen Mut trainieren.
  • Hinterfrage Regeln, ob sie den Spielregeln des Erwachsenenlebens entsprechen




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