Unbequeme Gefühle in den Griff bekommen 

Mutproben wären keine Mutproben, gäbe es da nicht diese glucksigen Gefühle. Aber wie lassen sie sich unter Kontrolle bringen? Und was genau sind eigentlich Gefühle? Die Antwort ist so simpel, dass wir sie alle vergessen haben!

In diesem Artikel geht es um deine unbequemen Gefühle. Dieser Mulm in deinem Bauch, die Weichheit in deinen Knien oder der Kloß in deinem Hals. Vielen Menschen fällt es nicht leicht, über Gefühle zu sprechen oder sie angemessen auszudrücken. Für manche sind sie ein völliges Mysterium. 

1. Warum tappen wir beim Thema Gefühlen im Dunklen?


Wir werden von klein auf trainiert, bestimmte Gefühle zu verbergen. „Gefühle zeigen, ist Schwäche zeigen.“ Kein Weinen für Männer. Keinen Ärger zeigen für Frauen. Am besten immer nur gut drauf sein. Einige von uns haben das so perfektioniert und ihre Gefühle derart verdrängt, dass sie gar nichts mehr merken. Sie verbergen sie erfolgreich vor sich selbst.

Doch wenn du keinen Zugang zu deinen Gefühlen hast oder sie nicht spüren willst, kannst du ihre Stärke nicht nutzen. Jedes Gefühl zeigt uns an, was wir gerade brauchen. Traue dir doch mal zu, sie zu spüren. Mehr dazu in unserem Buch:

Mutig dein Leben meistern

Ängste überwinden und Herausfordungen meistern mit einem Mut-Mindset

2. Gefühle folgen ihrer eigenen Logik


Madelaines Freundin zu Madelaine vor einer Mutprobe: „Hab keine Angst …

Madelaine zu sich selbst: „Ich weiß ja, dass ich eigentlich gar keine Angst davor zu haben brauche ...“

Hat das auch jemand schon einmal zu dir gesagt? Ob es jemand gesagt hat oder ob du es gedacht hast: Hat sich dadurch dein Gefühl gebessert? Eben.

Logisch gesehen, brauchst du wahrscheinlich keine Angst zu haben. Gefühle sind jedoch nicht logisch. Sie sind psychologisch. Sie haben ihre eigenen Spielregeln. Du wendest bei Monopoly ja auch keine Schachregeln an. Oder etwa doch? 

Weißt du, was da eigentlich passiert, wenn du so einen Satz à la „Hab keine Angst“ hörst oder zu dir selbst sagst? Es geschieht eine Abwertung der Gefühle. Psychologisch betrachtet wird eine Schicht „Ich bin nicht okay, so wie ich bin“ über das Originalgefühl geschmiert.  

Entweder du spürst es dann noch mehr oder es wird ins Unbewusste abgedrängt. Dann treten an Stelle der Gefühle bald körperliche Symptome auf. Migräne, Bauchschmerzen, Müdigkeit und allerlei andere körperliche Beschwerden, die dich zum Arzt rennen lassen. Psychosomatik nennt man das.

Wenn du zu dir selbst sagst: „Ich brauche keine Angst zu haben“, dann verneinst du einen wichtigen Teil von dir, in Psycho-Logik gesprochen. Die Angst ist jedoch real da. Du kannst sie spüren. Wir wissen, du willst sie nicht haben. Aber sie ist doch da! Das ist so, als wenn du eine unaufgeräumte Wohnung hast, die dich stört. Und dann kommt jemand, tätschelt dir den Kopf und sagt: „Du brauchst dich nicht an deiner unaufgeräumten Wohnung zu stören.“ Aha. Aber wie soll das gehen?

Besser ist: Du gestehst dir ein, dass es dich nervt, und stellst dich deinem Chaos. Die Socken vom Fußboden in die Waschmaschine, die Teller abgewaschen und den Staub von dem Fensterbrett gefeudelt.

Genauso ist es mit deinen Gefühlen. Sie werden nicht verschwinden, solange du sie leugnest. Im Gegenteil. Sie sind viel mächtiger als dein Wille. Und es kann sehr hilfreich sein, mit ihnen zusammenzuarbeiten, um deinen Willen zu bekommen. Deine Angst und andere unangenehme Gefühle benötigen, dass du sie ernst nimmst. Du löst unangenehme Gefühle auf, indem du sie zulässt. Indem du sie bewusst spürst. 

Der innere Gefühls-Mix bei Mutproben Es gibt drei unangenehme Gefühle, deretwegen die meisten Mutproben scheitern:

  1. Angst
  2. Scham
  3. Das Gefühl von „Das bin nicht ich“ 

Es gibt weitere unangenehme Gefühle. Aber wir beschränken uns auf diese, weil sie zusammen einen Großteil der Fälle ausmachen.


2.1 Angst


Angst ist das bekannteste unangenehme Gefühl. Wenn du Bammel hast, erlebst du ein menschliches Grundgefühl. Angst soll dich auf mögliche Gefahren in der Zukunft hinweisen. Jedes Mal, wenn du also ängstlich bist, hat das mit einem möglichen Verlust zu tun.

Jedoch ist Angst nicht immer gleich Angst. Für deine Mutprobe kannst du phantasierte und echte Angst unterscheiden. Echte Angst ist alles, was mit realen Gefahren zu tun hat: An einer steilen Klippe zu stehen und Höhenangst zu erleben (Verlust des Lebens).  

Eine Horde pöbelnder Fußballfans auf dich zukommen zu sehen und Angst davor zu haben, vermöbelt zu werden (Verlust von Gesundheit). Oder die sehr reale Angst, nicht genug Torte am Kaffeetisch zu bekommen (Tortenverlust). 

Phantasierte Ängste hingegen sind solche, bei denen du keinen realen Gefahren ausgesetzt bist. Du bildest dir schlimme Konsequenzen nur ein. Zum Beispiel, dass dein Partner die Beziehung mit dir beendet, wenn du ihn auf seinen RaucherMundgeruch hinweist. Oder dass du unter der Brücke landest, wenn du bei einem Bewerbungsgespräch abgelehnt wirst. Alles Pseudogefahren.

Leider wirst du zunächst nichts gegen deine Phantasien tun können. In Wahrheit sucht sich keiner von uns aus, was wir denken. Die Gedanken kommen ganz von selbst, du kannst es kaum verhindern. Du bist nicht dafür verantwortlich, was du denkst. Denn du selbst bist es gar nicht, der dir einen Gedanken nach dem anderen in den Sinn kommen lässt. Es ist nur ein Teil von dir, der denkt. Der Denker. Du wirst gedacht. 

Der „Denker“ verknüpft gelernte Denkmuster mit aktuellen Situationen. Also alles, was du irgendwie aufgeschnappt hast. Als Kind wurde vielen von uns Angst gemacht, um uns in eine bestimmte Richtung zu lenken:

„Wenn du in der Schule nicht lernst, wirst du auf der Straße landen.“

„Wenn du nicht machst, was Mama und Papa sagen, haben sie dich nicht mehr lieb.“

Derlei Gedankenmuster spult dein Denker immer wieder ab, halt nur in Bezug auf die aktuelle Situation. Manchmal denkt sich dein Denker die wildesten Sachen aus. Wenn du die alle glaubst, bekommst du Angst.

Die gute Nachricht: Du kannst ein Stück weit entscheiden, was du glaubst und was nicht. In Bezug auf deine Mutprobe werden die meisten deiner Sorgen eher hinderlich sein. Sie entstehen nur deshalb, weil du etwas Neues probierst. Das kennt dein Denker noch nicht. Deswegen gibt es dazu auch noch keine positiven Gedanken, sondern nur Gedanken, die bisher verhindert haben, dass du dieses Neuland betrittst.

Wir, Steffen und Martin, sind uns einig: Unsere Denker fabrizieren viel Kram. Indem du deine Katastrophengedanken zulässt und überlegst, wie du im schlimmsten Fall handeln würdest, nimmst du ihnen einen Großteil ihres Schreckens.  

Dein Denker meint es gut, aber glaube bitte nicht alles, was er dich denken lässt. 


2.2 Scham


Scham ist ein Gefühl von Falschsein („Du bist nicht okay, so wie du bist.“), ohne zu wissen, warum. Es ist ein anspruchsvolles Gefühl. Während du Angst konkret in einer Körperregion fühlen kannst, meistens im Bauch, lässt sich Scham nur schwer ausmachen. Sie bleibt gefühlsmäßig diffus und lässt sich oft nur umständlich beschreiben. Deswegen können wir oftmals auch schlecht damit umgehen. Am ehesten nehmen wir wahr, dass wir unklar werden und gefühlsmäßig anfangen zu schwimmen. Wir lavieren.

Scham tritt immer dann auf, wenn wir gegen verinnerlichte Normen verstoßen. Wenn du von Kindesbeinen an gelernt hast, dass du mit Zurückhaltung glänzen sollst, dann wird sich wahrscheinlich ein Schamgefühl bei dir einstellen, wenn du nach vorne preschst.

Bei deiner Mutprobe ist es hilfreich, deine Schamgefühle auszuhalten und trotzdem das zu tun, was du dir vorgenommen hast. Du musst nicht obercool sein. Bleib authentisch und handle mit hochrotem Kopf und Wackelpudding-Knien. Der Erfolg deiner Mutprobe bemisst sich nicht daran, wie du sie bewältigst, sondern daran, dass du sie überhaupt durchführst. Du kannst Scham auch in einer ruhigen Minute bespüren. Scham gibt es gratis dazu, wenn du dich veränderst. 

Du bist im Wachstumsmodus. Sie ist lediglich ein Zeichen dafür, dass du aus der Kindheit verinnerlicht hast, aber veraltete oder nicht zu dir passende Normen aufbrichst. Je öfter du in solche neuen Situationen gehst, desto weniger Scham wirst du empfinden.


2.3 Das Stör-Gefühl von "Das bin nicht ich"


Das Gefühl von „Das bin nicht ich“ ist so ein glucksig-mulmiges Gefühl, das auftreten kann, wenn wir gegen unsere Gewohnheiten handeln. Du willst in Gruppen mehr aus dir herausgehen und hast dafür bereits einen Versuch unternommen. Doch als du dich dann gezeigt hattest, fühlte sich das irgendwie falsch an. Deswegen glaubst du nun, dass du dich verstellst, wenn du in den Mittelpunkt trittst. Doch du kannst dich auf diese Sinneswahrnehmung nicht unbedingt verlassen.

Das, worauf du gestoßen bist, ist vermutlich nicht dein tiefstes innerstes Selbst. Es ist bloß deine Gewohnheit, dass du in solchen Situationen eher zurückgezogen bleibst. Du hast wahrscheinlich seit deiner Kindheit trainiert, unter dem Radar zu bleiben, und das vielleicht sogar noch mit einigen Werten verknüpft.  

Ganz nach dem Motto: „Mehr Sein als Schein“. Klar fühlt sich das zuerst falsch an, wenn du auf einmal etwas anderes machst.

Menschen mit einer schlechten Körperhaltung glauben auch, dass ihre Ausrichtung die richtige ist, weil sie sich richtig anfühlt. Doch jeder von außen kann erkennen, dass sie Hängeschultern haben oder ein Hohlkreuz. Korrigiert man die Körperhaltung, wird sich das sofort falsch anfühlen. Nach einigen Sekunden haben sie wieder ihre Hängeschultern, weil die sich richtig anfühlen.

Das Gefühl von „Das bin nicht ich“ ist in Wahrheit gar kein Gefühl. Es ist ein Gedanke über eine Art Irritationsgefühl. Du fühlst dich in deiner Identität angegriffen. Schenke dem Eindruck von „Das bin nicht ich“ kein Vertrauen. Bleib dran und sieh die Turbulenzen als Zeichen dafür, dass du alte Gewohnheiten aufbrichst und dein Repertoire an Persönlichkeitsfacetten erweiterst.

Alle Mutigen gehen schrittweise durch Phasen von Störgefühlen. Lass dich nicht von gefühlsmäßigen Irritationen am Anfang deiner Mutprobe abschrecken. Du willst mutiger werden? Dann schau dir doch mal unser Buch an: 

Mutig dein Leben meistern

Ängste überwinden und Herausfordungen meistern mit einem Mut-Mindset

>
Success message!
Warning message!
Error message!